Kommunalwahl ist Brückenwahl

Sep 3, 2021
BI Darchau

Für einen nicht unwesentlichen Teil der Menschen in unserer Gemeinde hängt ihre Wahlentscheidung auch von der Haltung der Parteien und Wählergruppen zum Bau einer Elbbrücke an unserem Ort ab. Leider wird dies bisher nicht von allen in der für eine Demokratie notwendigen Transparenz kommuniziert. In den bisher erschienenen Wahlflyern finden sich wenige bis gar keine Informationen zu dieser wichtigen Frage.
Im Vorfeld der niedersächsischen Kommunalwahl am 12. September hat darum die Bürgerinitiative „Ja zur Fähre – Nein zur Brücke“ (BI) die in der Gemeinde Neu Darchau antretenden Parteien und Wählergruppen um Stellungnahmen zur Elbbrücke gebeten.

Überraschend dabei: Sowohl Bürgerliste als auch CDU äußerten auf das Anschreiben der BI, dass sie keine Stellungnahme zur Brücke abgeben möchten, weil die Position zur Brücke innerhalb der jeweiligen Liste nicht einheitlich ist. Weitere Angaben zu den insgesamt fünf Fragen der BI wurden von den beiden Spitzenkandidaten rundweg verweigert.

Die anderen zur Wahl antretenden Gruppierungen sind da weitaus eloquenter: Auf ein schlichtes Ankreuzen von Ja oder Nein hat sich keine von ihnen eingelassen.

  • Befürwortet Ihre Partei oder Wählergruppe den Bau einer Elbbrücke bei Neu Darchau grundsätzlich?

Der SPD-Ortsverein Elbufer geht mit einer klaren Haltung der Ablehnung einer Elbbrücke in der vom Landkreis Lüneburg beabsichtigten Planung in die Kommunalwahl. Bündnis90 / Die Grünen liefern in ihrer Antwort gleich den Grund der Ablehnung mit: „Wir haben bereits Elbbrücken in Dömitz und Lauenburg, eine Autofähre in Bleckede und eine Fähre in Neu Darchau. Wozu eine dritte Brücke in einer dünn besiedelten Region auf einer Strecke von 63 Flusskilometern?“ Dies ergebe aus verkehrspolitischen und ökologischen Gründen keinen Sinn und würde langfristig Millionen an Steuergeldern kosten. KalliEco, die neue Wählergruppe der Sammatzer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, lehnt zwar den Bau einer Elbbrücke in Neu Darchau ab, befürwortet aber sehr wohl eine feste Elbquerung im Gebiet zwischen Neu Darchau und Bleckede. Voraussetzung sei aber ein breiter Konsens von wenigstens 75 Prozent der anliegenden Bürger über Standort und Bau der Brücke.

Fazit 1: Die SPD hält sich ein Hintertürchen offen und kann sich eine Elbbrücke an anderer Stelle vorstellen. Dieses Sankt-Florians-Prinzip gilt in ähnlicher Form auch für KalliEco. Die Grünen hingegen fordern vor dem Hintergrund aktueller Probleme ein generelles Umdenken in der Verkehrspolitik. Bürgerliste und CDU verweigern eine Aussage.

  • Fühlt sich Ihre Partei oder Wählergruppe an das Ergebnis der Einwohner/-innenbefragung zur Trassenführung durch Katemin vom April dieses Jahres gebunden?

Die Beantwortung dieser Frage ist natürlich ein Heimspiel für die hiesige SPD: Schließlich hat Bürgermeister Klaus-Peter Dehde mit Unterstützung seiner Ratsmitglieder und dem SPD-Ortsverein Elbufer gegen den Widerstand anderer politischer Gruppierungen die Befragung entwickelt und durchgesetzt. „Insofern können Sie als gesichert annehmen, dass wir uns an dieses Ergebnis gebunden sehen“, so Dehde in der Antwort. KalliEco und Bündnis90 / Die Grünen fühlen sich dem Votum der Bürgerinnen und Bürger ebenfalls verpflichtet.

Fazit 2: Selbstverständlich fühlen sich alle befragten Parteien und Wählergruppen an die Stimme des Volkes gebunden – sollte man denken. Bürgerliste und CDU aber verweigern selbst in dieser Frage eine Aussage.

  • Wird Ihre Partei oder Wählergruppe eine Klage der Gemeinde gegen den Landkreis Lüneburg unterstützen, falls keine Ortsumfahrung um Katemin beziehungsweise Neu Darchau planfestgestellt wird?

Die SPD kündigt an, alle, auch rechtliche, Schritte gegen die Realisierung der Planung einleiten zu wollen, sollte der Landkreis Lüneburg seine bisherigen Planungen fortsetzen. Auch Bündnis90 / Die Grünen und KalliEco können sich die Unterstützung einer Klage der Gemeinde vorstellen.

Fazit 3: SPD, Grüne und KalliEco würden im Falle der fehlenden Ortsumfahrung eine Klage anstrengen wollen. Bürgerliste und CDU verweigern auch in diesem Punkt eine Aussage.

  • Ist der Bau dieser dritten Elbbrücke in unserer Region für Ihre Partei oder Wählergruppe vor dem Hintergrund der Klimakrise und zweier Autofähren zu verantworten?

Hier antwortet die SPD mit einem knappen Nein. Und ergänzt: „Hinzu kommt, dass das Vorhaben auch aus finanziellen Aspekten nicht nachhaltig ist.“ Bündnis90 / Die Grünen befürchten durch den Brückenbau zusätzlich die Zerstörung von Teilen des Biosphärenreservates. „Ein Großprojekt inmitten der Elbtalaue ist angesichts des rasanten Artensterbens und der fortschreitenden Klimakrise ökologisch in keiner Weise zu verantworten!“
KalliEco dagegen befürwortet den Bau ein dritten Elbbrücke in der Region grundsätzlich, wünscht sich aber Betrieb und Vermarktung durch eine paritätisch besetzte Gesellschaft aus Unternehmer/-innen, Bürger/-innen und Politiker/-innen und unter Einbeziehung innovativer Ideen. So könnte es eine Regelung geben, die nur elektrisch oder mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen eine kostenfreie Überfahrt ermöglicht, während andere Brückennutzer/-innen durch Übernahme einer Baum-Patenschaft in der Höhe der jetzigen Fährgebühren Verantwortung übernehmen müssten.

Fazit 4: SPD und Grüne halten die Elbbrücke für nicht zu verantworten, KalliEco nur dann, wenn der Bau an Auflagen zur Förderung der Nachhaltigkeit geknüpft ist. Bürgerliste und CDU verweigern erneut die Aussage.

  • Was möchten Sie den Wähler/-innen noch in zwei kurzen Sätzen hinsichtlich Ihrer Einstellung zur geplanten Elbbrücke mitteilen?

An dieser Stelle verweist die SPD auf ihre bereits gegebenen Antworten. Bündnis90 / Die Grünen ergänzen: „Wir Grüne unterstützen den Wunsch der Bürger/-innen beiderseits der Elbe nach einer Optimierung des Fährbetriebs und einer möglichst kostenfreien Fährverbindung.“
KalliEco will nicht noch eine Elbbrücke bauen, sondern die Modellbrücke für umweltschonende Mobilität. „An einem Standort, der passt.“ Und dann zeichnet die Sammatzer Wählergruppe ein Szenario, das bislang im Ort unbekannt ist und doch schon wie ein beschlossenes Konzept klingt: „Dazu wird rund um den Hafen von Neu Darchau ein ,Erlebnispark Elbtalaue‘ errichtet, der umweltfreundlichen Tourismus und damit auch die Wirtschaftskraft der Region stärkt: umweltorientierte Flusstouren, Flora und Fauna in der Elbtalaue, Hotel, Ausstellungen, Führungen, Seminare, in Zusammenarbeit mit dem Biosphärenreservat und KalliEco.“

Fazit 5: Die SPD will die Brücke in Neu Darchau verhindern. Die Grünen positionieren sich als einzige Liste eindeutig gegen eine weitere Brücke und für die Fähre. KalliEco äußert sich zwar gegen eine Elbbrücke, aber nur am Standort Neu Darchau. Stattdessen werben die Sammatzer für ein anderes Großprojekt am hiesigen Hafen.