Petition der Befürworter ist gescheitert.

Aug 7, 2024
Brücke fällt ins Wasser

Die Petition der Befürworter einer Elbbrücke bei Neu Darchau ist gescheitert. Die von der Landesregierung Niedersachsens angestrebte Fortschreibung des Landesraumordnungsprogramms (LROP) mit Entfernung der Brückenoption aus dem Entwurf des LROP ist zulässig.

Auf Initiative der Befürworter des umstrittenen Brückenprojekts bei Neu Darchau um Ina Niederhoff (Amt Neuhaus) führte der Petitionsausschuss des niedersächsischen Landtags am 22. Mai 2024 eine öffentliche Anhörung durch. Inzwischen hat die abschließende Beratung im Petitionsausschuss stattgefunden. Der Petitionsausschuss teilt in seiner Parlamentsempfehlung die Rechtsauffassung des Wirtschaftsministeriums. Mithin kann die Brückenoption aus dem Entwurf zur Fortschreibung des Landesraumordnungsprogramms entfernt werden. Dem dafür vorgesehenen Beteiligungsverfahren kann durch die Petition nicht vorgegriffen werden. Die Petentin kann ihre Argumente für den Bau einer Brücke im Beteiligungsverfahren einbringen. Die genannte Petition ist somit  abschließend gescheitert. Damit hat sich auch ein zentraler und in lokalen Medien verbreiteter und moralisch überhöhter Vorwurf der Brückenbefürworter um Ina Niederhoff, die angestrebte Streichung der Brückenoption sei rechts- und gesetzwidrig sowie amtsmissbräuchlich, ebenso erledigt.

Beteiligungsverfahren zum LROP – Die Fakten entscheiden

Im anstehenden Beteiligungs- und Abwägungsverfahren zur Fortschreibung des LROP wird es also nunmehr um Fakten und Sachargumente zu den Inhalten des Entwurfs zum LROP gehen. Im Hinblick auf die mögliche Option des Baus einer Elbbrücke bei Darchau ergeben sich diese in Besonderheit auch aus der Potenzialanalyse 2016 für das Amt Neuhaus und den Zahlen aus dem Zensus 2022. Danach verliert die Gemeinde Amt Neuhaus im Landkreis Lüneburg relativ die meisten Einwohner.  Sie wird bis 2035 zwischen 27 % und 45 % ihrer Einwohner gegenüber dem Basisjahr 2010 verlieren. In der mittleren Variante der Prognose ist mit einem Rückgang der Bevölkerung von rund einem Drittel auf 3.200 Einwohner zu rechnen. Auffällig ist besonders der Bevölkerungsverlust in allen Altersklassen unter 65 Jahren. (Analyse: KoRis_regecon_2016) Diese prognostizierte Entwicklung dürfte auf die aktuelle Pendlerstatistik durchschlagen. Damit wird sich die Anzahl der Auspendler nach Dahlenburg / Lüneburg und der potenziellen Nutzer einer verkehrspolitisch unsinnigen Brücke weiter reduzieren. Überdies würde eine schnellere Erreichbarkeit (z.B. der Kreisstadt Lüneburg) bei angenommener Elbbrücke die Gemeine Amt Neuhaus gemäß der Potenzialanalyse (KoRis regecon 2016) nicht in die „demografiefeste“ Zone bringen. Hingegen wären (1-stündlich) getakteter und im HVV eingebundener Personennahverkehr mit direkter Busverbindung (ZOB – Neuhaus) nach Lüneburg und zum Schienennahverkehr (ZOB Neuhaus – Brahlstorf – Hamburg) ein wichtiger Standortfaktor bzw. Standortvorteil.

Weniger Einwohner: Rund 1 Mio. Euro weniger Zuweisungen

Außerdem hat der Landkreis Lüneburg nach Zahlen des aktuellen Zensus 10.000 Einwohner weniger als erwartet. Er hätte mithin rund 176.000 Einwohner. Entsprechend ist ab 2025 mit Kürzungen der  Schlüsselzuweisungen des Landes zu rechnen. Ab 2025 könnte das jährlich rund 1 Mio. Euro weniger Zuweisungen zur Folge haben.

Der bisher belastbar nicht durchfinanzierte Bau einer Brücke über die Elbe bei Darchau im Amt Neuhaus würde auf der Basis der genannten Bevölkerungsprognose sowie möglicher Förderung dem Landkreis pro Kopf (vom Neugeborenen bis zum Greis) rund 30.000 Euro kosten. Hingegen unterstützten unlängst weniger als die Hälfte (rund 2.000) der Einwohner im Amt Neuhaus die Petition der Brückenbefürworter um Ina Niederhoff (Amt Neuhaus). Folglich dürfte im übrigen Landkreis jenseits von Dahlenburg die Brücke bei Darchau als Ziel der Raumplanung des Landes (Entwurf – LROP) sowie für Erwägungen bezüglich der Entwicklung des Landkreises (Regionale Raumplanung) keine Relevanz haben.

Entwicklungskonzept Amt Neuhaus 2016:

Brücke keine erwähnenswerte OptionFährkonzept verbessern

Hingegen werden die Fakten und Zahlen der Potenzialanalyse und des Entwicklungskonzepts für Amt Neuhaus (KoRis regecon 2016) im Abwägungsprozess zur Fortschreibung des Landesraumentwicklungsplans (LROP) sehr wohl Berücksichtigung finden. Entsprechend hat inzwischen das Lüneburger Amt für Regionalplanung in Übereinstimmung mit dem Entwurf zum LROP die Initiative für die Entwicklung eines verbesserten und integrierten Fährkonzepts ergriffen. Denn nach dem Willen des Landes soll das LROP ohne eine Brückenoption fortgeschrieben werden.    

Der Wille des Landes, den letztlich unzumutbaren Bau einer Elbbrücke bei Darchau als mögliches Infrastrukturprojekt aus dem Entwurf zur Fortschreibung des LROP zu entfernen, lässt sich überdies direkt aus der genannten Potenzialanalyse herleiten. Dort wird im Handlungsfeld Basisinfrastruktur die Option einer Elbbrücke nicht erörtert. Eine derart widersinnige Option wird dort, Seite 129, nicht in Erwägung gezogen. (Vollständige Potenzialanalyse und Entwicklungskonzept für Amt Neuhaus 2016)

Dennoch lässt sich aus der Lage des Amtes Neuhaus, östlich der Elbe, gemäß Potenzialanalyse für die Bewohner des Amtes Neuhaus im Vergleich zu anderen Gemeinden des Landkreises eine relative Benachteilung ableiten. Dabei sind die Kosten für die Nutzung der Fähre der wichtigste Aspekt. Insofern schlägt die Analyse für das Amt Neuhaus eine Optimierung der Fährkonzepte vor. Ein kostenloser Personentransport für Bewohner der elbnahen Dörfer und Gemeinden wäre auf Basis der Analyse in Erwägung zu ziehen. Dieser müsste dann, so die Analyse, mit einem entsprechenden Zuschuss für die Fährbetriebe aus den Haushalten des Landes und des Landkreises ausgeglichen werden.

Ergänzend hebt die Potenzialanalyse für das Amt Neuhaus hervor, dass nahezu das gesamte Gemeindegebiet gemäß Flora Fauna Habitat (FFH)-Richtlinie als FFH – Gebiet oder gemäß EU-Vogelschutzrichtlinie als Vogelschutzgebiet gemeldet ist. Zudem muss für beinahe jeden Standort außerhalb der bestehenden Bebauung eine FFH- Verträglichkeitsprüfung gemäß FFH – Richtlinie (EU – Umweltrecht) durchgeführt werden. Vor allem die FFH – Verträglichkeitsprüfung, so die Analyse,  stellt ein gravierendes Hemmnis für Bauprojekte dar. Zum zeitlichen Aufwand (Antragstellung, Prüfung, Öffentlichkeitsbeteiligung….) kommt hinzu, dass die Bewilligung des Vorhabens nicht vorausgesetzt werden kann. Vorhabensträger meiden daher den vorher bekannten Aufwand.

Jede weitere Arbeit am Brückenprojekt untersagt

Inzwischen haben die parteilose Landrätin, Dagmar Schulz, des Landkreises Lüchow – Dannenberg sowie die Gemeinde Neu Darchau auf der Grundlage eines Brückenvertrags aus dem Jahre 2009 jegliches weitere Betreiben des Brückenprojekts untersagt. Damit ist nach Einschätzung der Bürgerinitiative dieses unsinninge 100 Mio. – Euro – Projekt noch nicht endgültig der Vernunft zugeführt und beendet. Vielmehr bleibt die Tragfähigkeit des Brückenvertrages als Rechtsgrundlage für das entscheidungsfreudige Handeln von Dagmar Schulz und der betroffene Gemeinde abzuwarten. Hingegen sieht der NDR (Studio Lüneburg) die Dinge optimistischer. Danach wird der Bau einer Elbbrücke bei Darchau immer unwahrscheinlicher.